23.01.2017

Abschiebung nach Afghanistan: Brutalität geht weiter

Bisher sind mindestens acht Verhaftungen aus Bayern bekannt

Heute Abend wird der zweite Sammelcharter vom Frankfurter Flughafen nach Kabul gehen. Betroffen sind afghanische Geflüchtete aus mehreren Bundesländern. Dem Bayerischen Flüchtlingsrat sind aktuell mindestens acht afghanische Männer aus Bayern bekannt, die in den letzten Tagen oder heute inhaftiert wurden und vermutlich abgeschoben werden sollen. Mehrere Betroffene konnten der Abschiebung entgehen. Bei zwei Afghanen wurde außerdem der heute bei Gericht gestellte Eilantrag positiv entschieden. Eine weitere Person wurde im Krankenhaus nach einer chirurgischen Notoperation von der Polizei aufgesucht, die Klinik hat jedoch die Entlassung verweigert. Einige Eilverfahren laufen noch und könnten kurzfristig noch dazu führen, dass die Flüchtlinge nicht in den Flieger steigen müssen. Viele der betroffenen Männer leben seit langem in Deutschland, bemühten sich um Praktika, Ausbildung und Arbeit. Einer der Betroffenen stand kurz vor Beginn seiner Ausbildung. Aus Bamberg wurden gleich mehrere Männer inhaftiert, die in berufsbezogenen Maßnahmen waren.

Die erste groß angelegte Abschiebung nach Afghanistan fand am 14.12.2016 unter großem Protest von Unterstützer*innengruppen und Menschenrechtsorganisationen statt. Elf Personen konnten mit Hilfe ihrer Rechtsbeistände, aufgrund noch laufender Folgeverfahren oder Reiseunfähigkeit, erstmal vor einer Abschiebung in das vom Bürgerkrieg zerrüttete Land bewahrt werden. Aus Bayern sind derzeit 4 Personen in Kirchenasylen. Der Bayerische Flüchtlingsrat begrüßt die Bereitschaft vieler Kirchengemeinden, Afghanen vor einer lebensgefährlichen Situation in Afghanistan zu schützen.
Aufgrund der äußerst prekären und volatilen Sicherheitslagen in Afghanistan, erwägt Schleswig-Holstein einen Abschiebestopp zu beschließen. Der Bayerische Flüchtlingsrat fordert den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann auf, sich seinen Kolleg*innen aus Schleswig-Holstein anzuschließen und Abschiebungen nach Afghanistan zu stoppen. „Das politische Ansinnen, Zuwanderungszahlen zu begrenzen, indem tausende Menschen in ein Bürgerkriegsland zurückgeschickt werden, ist ein Verrat an humanitären und menschrechtlichen Prinzipien. Zu Lasten von Einzelnen wird hier Symbolpolitik der Abschreckung betrieben.“ kritisiert Johanna Böhm vom Bayerischen Flüchtlingsrat das Vorgehen der hiesigen Behörden scharf.

Der Bayerische Flüchtlingsrat unterstützt die heute stattfindenden Kundgebungen in Würzburg und am Frankfurter Flughafen um 19 Uhr in Terminal 1 Halle C, zu dem afghanische Geflüchtete aufriefen.

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