31.05.2017
Abschiebelotterie geht in die nächste Runde
Bayern räumt erbarmungslos ab, andere Länder zurückhaltend
Bereits im Vorfeld der für heute geplanten Sammelabschiebung nach Afghanistan hat Bayern zahlreiche afghanische Flüchtlinge in Abschiebehaft nehmen lassen. In den letzten Tagen folgten weitere Verhaftungen, so dass gestern rund 20 Afghanen in Mühldorf auf die Abschiebung nach Kabul warteten. Bayern bleibt bei seiner Linie, viele gut integrierte Flüchtlinge mit vier oder mehr Jahren Aufenthalt ins Visier zu nehmen.
Ein Beispiel ist ein Lehrling einer Sanitärtechnik Firma aus Kulmbach, der nach fast zwei Jahren Lehrzeit verhaftet wurde. Eine Verurteilung wegen eines Faustschlags vor zwei Jahren wurde dem Lehrling zum Verhängnis. Während die Firma und auch der Oberbürgermeister sich hoch zufrieden mit dem Lehrling zeigten, und ihn für seine beispielhafte Integration lobten, ist Herr S. für die Zentrale Ausländerbehörde Oberfranken nur ein Straftäter.
Herr T. aus Landshut wurde vor vierzehn Tagen verhaftet. Aufgrund seines schlechten psychischen Zustands wurde er umgehend aus Mühldorf in die Psychiatrie in Wasserburg eingewiesen. Herr T. war schon vorher in psychiatrischer Behandlung. In Wasserburg wurde er fast zwei Wochen lange behandelt, und am vergangenen Freitag wieder nach Mühldorf eingewiesen. Fit machen für die Abschiebung? Die Inn-Salzach Klinik in Wasserburg scheint sich hier in den Dienst des Innenministeriums zu stellen, Abschiebungen auch von Kranken durchführbar zu machen.
Bei mehreren zur Abschiebung ausgeschriebenen Afghanen erschien die Polizei in der Berufsschule, um Flüchtlinge dort festzunehmen. Dies empört die dort tätigen Lehrkräfte, die nun befürchten, dass die rund 40 Afghanen nicht mehr zum Unterricht erscheinen da bei allen Schülern die Angst vor Abschiebungen umgeht.
Bei einer Festnahme heute Morgen in einer Nürnberger Berufsschule kam es zu Protesten und einer Sitzblockade von rund 200 Schüler und Schülerinnen. Mit einem großen Polizeiaufgebot, Hunden und Schlagstockeinsatz brachte die Polizei den Festgenommenen vom Schulgelände.
Andere Bundesländer beteiligen sich nach bisherigen Informationen eher zurückhaltend an den Sammelabschiebungen nach Afghanistan. Während Elias A.. aus Bayern abgeschoben wird, sind seine Geschwister in Berlin sicher. Bekannt ist, dass Baden Württemberg voraussichtlich drei Straftäter zum Flug bringen wird, auch Hessen und Nordrhein Westfalen beteiligen sich in etwa dieser Größenordnung.
„Angesichts des verheerenden Bombenanschlags heute früh in Kabul fordert der Bayerische Flüchtlingsrat einen sofortigen Abschiebestopp. Vor allem ist die bayerische Praxis des rigorosen Abschiebens auch kranker oder gut integrierter Flüchtlinge nicht nachvollziehbar. Keinem einigermaßen vernünftigen Menschen ist diese Bedenkenlosigkeit erklärlich. Während sich in Bayern zehntausende Bürgerinnen und Bürger um Integration bemühen, verbreitet das Innenministerium großflächig Angst und Entsetzen“, kritisiert Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. „Wir fordern den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann auf, das Kriterium Verhältnismäßigkeit auch bei seiner Behörde bekannt zu machen. Es kann nicht sein, dass alle anderen Bundesländer Zurückhaltung üben, und nur Bayern brachial abräumt und sich darin gefällt Menschen ihrer Zukunft zu berauben.“