09.10.2017
Abschiebelager abschaffen statt bundesweit ausweiten
Flüchtlingsrat zum Kompromiss von CSU und CDU: „Entscheidungs- und Rückführungszentren“ nach dem Modell Manching und Bamberg dürfen Grüne und FDP auf keinen Fall akzeptieren
CSU und CDU haben sich gestern auf einen Kompromiss geeinigt, mit dem sie in die Koalitionsverhandlungen mit Grünen und FDP gehen wollen. Er sieht vor, nun doch eine Obergrenze für Flüchtlinge einzuführen, auch wenn von der Zahl von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr die Abgeschobenen und Ausgereisten abgezogen werden sollen. Zudem soll der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte weiter ausgesetzt bleiben.
Ganz neu, und wohl als Geschenk an die CSU für den kommenden Wahlkampf, wurde vereinbart, „Entscheidungs- und Rückführungszentren“ für neu ankommende Flüchtlinge zu schaffen nach dem Modell von Bamberg, Manching und Heidelberg. Heidelberg ist zunächst ein Ankunftszentrum, in dem nur Asylanträge von Flüchtlingen bearbeitet werden, die schnell entschieden werden können.
Bei Manching handelt es sich um ein knallhartes Abschiebelager. Es wurde geschaffen, um Balkan-Flüchtlinge in Schnellverfahren abzufertigen und schnellstmöglich abzuschieben. Inzwischen werden dort auch Flüchtlinge aus Afghanistan, Nigeria und der Ukraine abschiebefertig gemacht. Die Unterbringungsdauer ist nicht zeitlich auf 6 Monate beschränkt, wie in normalen Erstaufnahmeeinrichtungen. Flüchtlinge, die einmal in diesem Lager landen, bleiben dort bis zur Entscheidung durch das BAMF und bei Ablehnung bis zur Ausreise oder Abschiebung. Das kann sich um Monate handeln, aber auch mehrere Jahre dauern. Die Menschen werden in Mehrbettzimmern untergebracht und unterliegen in der Zeit des Aufenthalts einem generellen Arbeitsverbot sowie der verschärften Residenzpflicht auf den Landkreis. Sie werden vorrangig mit Sachleistungen versorgt, die Auszahlung von Bargeld wird so weit als möglich unterbunden. Kinder und Jugendliche dürfen nicht die Regelschulen in der Umgebung besuchen, sondern eine spezielle Lagerschule. Das Ziel ist klar: jegliche Integrationsleistungen der dort Untergebrachten sollen möglichst umfassend unterbunden werden.
Das Abschiebelager in Bamberg wurde analog zu dem in Manching eingerichtet. In der Zwischenzeit beherbergt das weitläufige Kasernenareal auch eine normale Erstaufnahmeeinrichtung. Die Lebensbedingungen für die Flüchtlinge im Abschiebelagertrakt sind ebenso unerträglich, wie für die Flüchtlinge in Manching.
Der Bayerische Flüchtlingsrat verurteilt die Einigung von CSU und CDU. Eine Obergrenze ist nach wie vor völkerrechtswidrig und praktisch nicht umsetzbar, selbst wenn man die Abgeschobenen und Ausgereisten einrechnet. Die weitere Aussetzung des Familiennachzugs ist menschlich eine Katastrophe, weil sie Flüchtlinge z.B. aus Syrien und Afghanistan dazu zwingt, ihre Familien im Kriegsgebiet zurückzulassen, während sie sich hier in Sicherheit befinden.
Zudem lehnt es der Bayerische Flüchtlingsrat ganz klar ab, die Erstaufnahmeeinrichtungen in Deutschland zu „Entscheidungs- und Rückführungszentren“ nach dem Modell Manching und Bamberg zu machen. „Manching und Bamberg wurden als knallharte Abschiebelager für Flüchtlinge aus ‚sicheren Herkunftsländern’, aber auch aus Afghanistan, Nigeria und der Ukraine, geschaffen. Hier werden Flüchtlinge in Asylschnellverfahren abgefertigt und mit widerwärtigen Lebensbedingungen massiv unter Druck gesetzt, so schnell als möglich wieder auszureisen, entweder freiwillig oder mit Polizeibegleitung im Abschiebeflieger“, kritisiert Alexander Thal, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. „Diese Lager sind menschenverachtend und gehören dringend abgeschafft. Keinesfalls taugen sie als Modellprojekte für eine Neuausrichtung der Erstaufnahmeeinrichtungen. Wir appellieren eindringlich an Grüne und FDP, diese kombinierten Einreise- und Abschiebelager auf keinen Fall zu akzeptieren!“