26.03.2017

Abschiebehilfe von Amtsgericht und Psychiatrie

Bayerischer Flüchtlingsrat kritisiert Verhalten als Schande für Ärzt*innen und Richter*innen

Vor gut zwei Wochen wurden zwei Afghanen, deren Asylanträge abgelehnt sind, verhaftet und in die Abschiebehaft Mühldorf verbracht. Grundlage eines solchen Haftbeschlusses ist der Vorwurf der Fluchtgefahr. In beiden Fällen gibt es dafür keine Grundlage. Beide sind Kandidaten für den nächsten Abschiebeflug nach Kabul am 27.03.2017.

 

Im Falle des Herrn S erwirkte ein Anwalt die Aufhebung des Haftbeschlusses des Amtsgerichts Augsburg, weil die angebliche Fluchtgefahr nicht gegeben war. Herr S wurde freigelassen und lebte einige Tage bei Verwandten in Augsburg. Die Zentrale Ausländerbehörde Augsburg lud den Freigelassenen vor, vorgeblich, um ihm ein Identitätspapier auszustellen. Bei der Behörde wurde dem Afghanen jedoch ein neuer Haftbeschluss vorgelegt, diesmal ausgestellt vom Amtsgericht Memmingen. Der Grund: wieder angebliche Fluchtgefahr. Die Polizei brachte ihn daraufhin wieder in die Abschiebehaft nach Mühldorf. Der Haftbeschluss des Amtsgerichts Memmingen ist nach unseren Erkenntnissen erschwindelt, weil Herr S dort zwar gemeldet, aber wegen der Haft schon lange nicht anwesend war. Die Richterin, von der Anwalt Herrn S. angerufen, stellte sich stur. Die Entscheidung des Amtsgerichts Augsburg, dass eben keine Fluchtgefahr bestehe, interessiere sie nicht.

 

Herr K, der zweite in Mühldorf zur Abschiebung Inhaftierte, beging in der Nacht auf Freitag einen Suizidversuch, schnitt sich die Handgelenke auf und trank eine chlorhaltige Lösung. Nach einer Erstversorgung auf der Krankenstation wurde Herr K in die Inn-Salzach-Klinik nach Wasserburg gebracht. Herr K ist schon lange mit einer Deutschen liiert, die seit einem Jahr geplante Heirat scheitert noch an der Beschaffung eines Papiers aus Kabul. Nun soll er abgeschoben werden, das Behördeninteresse ist hier stärker als die Heiratsabsicht. Auch die Inn-Salzach-Klinik unterstützt die Abschiebepläne der Regierung. Wie die Verlobte Herrn Ks mitteilte, habe ein Arzt der Klinik Herrn K  schon am Freitag gesagt, am Montag werde er wieder aus der Psychiatrie entlassen und nach Mühldorf abgeholt.

 

„Das Verhalten von Amtsrichterin und Klinikarzt ist eine Schande für alle Vertreter*innen ihres Berufsstandes“, kritisiert Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. „Eine Psychiatrie stempelt einen Suizidgefährdeten gesund, damit die Behörden den Betroffenen noch schnell auf den Flug nach Kabul setzen können. Eine Richterin am Amtsgericht stellt einen Haftbeschluss aus, wohl wissend, dass ein anderes Amtsgericht erst vor wenigen Tagen festgestellt hatte, es liege kein ausreichender Grund für die Abschiebehaft vor – das sind willfährige Handlanger des bayerischen Abschiebeministers, der einzig das Interesse kennt, Menschen aus dem Land zu schaffen.“

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