01.07.2009
Stacheldraht zum Schutz der Flüchtlinge im Sammellager?
Erste Lesung des Gesetzesentwurfs der Freien Wähler / Besuch des Sozialausschusses in Leverkusen angekündigt
Heute fand die erste Lesung des Entwurfs der Freien Wähler für ein Flüchtlingsaufnahme- und Integrationsgesetz statt. Dr. Hans Jürgen Fahn von den Freien Wählern begründete diesen Vorstoß seiner Fraktion mit dem Rückgang der Asylbewerberzahlen in Deutschland und der Notwendigkeit einer menschenwürdigeren Behandlung von Flüchtlingen. Dabei berief er sich auf eine Äußerung des Ministerpräsidenten Horst Seehofer, der die Lebensgrundlagen der Menschen verbessern wolle. Florian Streibl (FW) stellte den Gesetzesentwurf als Brücke zwischen FDP und CSU dar. Des weiteren sei es eine „Bodenlosigkeit“, wie Flüchtlinge in Bayern empfangen werden, die Staatsregierung müsse sich hierfür schämen.
Maria Scharfenberg begrüßte für die Grünen den Gesetzesentwurf der Freien Wähler, lehnt jedoch die Durchführung von Modellversuchen nach dem Vorbild der Stadt Leverkusen ab, da dort die Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen reibungslos funktioniere. Sie kündigte einen Besuch des Sozialausschusses in Leverkusen an, damit sich die Abgeordneten vor Ort ein Bild machen können.
Brigitte Mayer von der FDP sprach ihren Dank an die Freien Wähler für den Gesetzesentwurf aus. Die FDP diskutiere die Zukunft der Unterbringung von Flüchtlingen mit ihrem Koalitionspartner CSU, da sie aufgrund des Koalitionsvertrags nur gemeinsam mit der CSU abstimmen könne. Mit Blick auf die CSU-Fraktion regte Meyer die Erarbeitung eines gemeinsamen Gesetzentwurfs aller Fraktionen an.
Angelika Weikert hielt für die SPD fest, dass die Unterbringung in Flüchtlingslagern die Ausnahme und nicht die Regel sein dürfe. Mit Blick auf die Dringlichkeit forderte sie Sozialministerin Haderthauer auf, dieses Thema noch vor der Sommerpause des Landtags zu diskutieren um „die Lage vor Ort (zu) entspannen“.
Obwohl inzwischen bekannt ist, dass die Unterbringung in Flüchtlingslagern teurer als die Anmietung von Privatwohnungen ist, lehnte Bernhard Seidenath für die CSU den Gesetzentwurf mit der Begründung ab, dass die Lagerunterbringung billiger sei. Zudem behauptete er, jegliche Vorwürfe von Hygienemissständen seien „unsachlich, falsch, nicht haltbar“. Die CSU wolle in Zeiten zurückgehender Asylbewerberzahlen am Sachleistungsprinzip festhalten, um keine Anreize zu schaffen.
Sozialministerin Christine Haderthauer bezog unter Verweis auf die laufende Debatte im Kabinett keine Position. Sie hielt aber fest, dass der Stacheldraht des größten bayerischen Flüchtlingslagers in Würzburg dem Schutz der BewohnerInnen diene und deshalb nicht entfernt werde.
Alexander Thal vom Bayerischen Flüchtlingsrat begrüßt die Initiative der Freien Wähler. „Die heutige Diskussion hat bewiesen, dass die Mehrheit der Landtagsabgeordneten für eine Abschaffung oder zeitliche Begrenzung der Lagerpflicht für Flüchtinge eintritt. Wir hoffen, dass diese Mehrheit bei der Erarbeitung eines gemeinsamen Gesetzentwurfs der Minderheit der CSU-Abgeordneten ihre Grenzen aufzeigt. Denn Menschenrechte haben Vorrang vor Abschreckungsideen.“