Botschaftsanhörungen und Abschiebungen nach Äthiopien
Wir haben Hinweise darauf erhalten, dass es in Einzelfällen Abschiebungen nach Äthiopien gab. Seit 2018 wissen wir von einigen durchgeführten und mehreren versuchten Abschiebungen, auch aus Bayern. Laut einer Anfrage an den Bayerischen Landtag vom 24.07.2019 mit der Antwort vom 18.09.2019, wurden im Jahr 2019 aus Bayern bisher zwei Personen und 2018 13 Personen nach Äthiopien abgeschoben.
Die Europäische Union und die äthiopische Regierung sollen sich nun in Absprache über die Rücknahme von abgelehnten Asylsuchenden geeinigt haben. Das endgültige Dokument ist öffentlich nicht einsehbar, aber wir gehen davon aus, dass äthiopische Behörden nun Passersatzpapiere (PEP) für Äthiopier*innen ausstellen, um eine Abschiebung zu erleichtern. Die gilt für Personen mit abgelaufenem Nationalpass, Personen ohne Pass, die aber andere persönliche Dokumente vorgelegt haben und Personen ohne persönliche Dokumente.
Zwischen dem 14. und 21.Oktober 2019 fand im Bayerischen Landesamt für Asyl und Rückführungen in München eine Anhörung äthiopischer Geflüchteter durch eine sog. Expert*innendelegation aus Äthiopien statt. Diese Anhörungen werden beispielsweise bei Ländern wie Nigeria oder Gambia regelmäßig durchgeführt und dienen der sog. Identitätsfeststellung. Ziel dieser Anhörungen ist meist eine Abschiebung voranzutreiben.
Nachdem ein vorheriger Anhörungstermin mit Äthiopischen Behördenmitarbeiter*innen im Mai 2019 abgesagt wurde, fand eine solche nun wohl statt. Hier berichteten einige betroffene Personen, dass ihnen u.a. Fragen zu exilpolitischer Tätigkeit gestellt wurden. Es besteht die Vermutung, dass auch Mitarbeiter*innen vom äthiopischen Geheimdienst an der Befragung teilnahmen. Wir gehen davon aus, dass bei einem Großteil der betroffenen Personen eine Identitätsklärung vorgenommen wurde. Ob nun in der nächsten Zeit auch Sammelabschiebungen nach Äthiopien stattfinden sollen – ist bislang unklar.
Die Ausstellung eines Laisser-Passer (Ersatzdokument zum Reisen) seitens äthiopischer Behörden soll nach Prüfung und Bestätigung der äthiopischen Staatsangehörigkeit innerhalb weniger Tage oder Wochen erfolgen. Bisher stellten äthiopische Behörden Passersatzpapiere nur für Personen aus, die einer freiwilligen Rückkehr zustimmen. Nun soll dies auch im Falle einer unfreiwilligen Ausreise, im Falle einer geplanten Abschiebung, getan werden. Das heißt, auch äthiopische Personen mit rechtskräftig abgelehntem Asylverfahren ohne gültige Passdokumente laufen Gefahr, abgeschoben zu werden.
Wir raten deshalb allen vollziehbar ausreisepflichtigen Geflüchteten aus Äthiopien, sich von Anwältin*innen oder Beratungsstellen informieren und beraten zu lassen, um eine mögliche Gefährdungslage abzustecken und weitere aufenthaltsrechtliche Perspektiven zu besprechen.
Wegen der aktuellen politischen Entwicklungen in Äthiopien, vor allem dem Friedensvertrag mit Eritrea und dem Antritt des neuen Präsidenten, ist davon auszugehen, dass Asylanträge abgelehnt werden. Das Auswärtige Amt beschreibt eine Verbesserung der innenpolitischen Lage, ob das tatsächlich der Fall ist, können wir nicht beurteilen. Deshalb ist es wichtig die Anhörung im Bundesamt, sofern noch nicht entschieden ist, mit einem Anwalt/ einer Anwältin oder einer spezialisierten Beratungsstelle vorzubereiten und individuelle Verfolgungsgründe glaubhaft darzustellen.
Informationen zur Anhörungsberatung von Arrival Aid >>>