Erlanger Nachrichten, 07.03.2012

Erlanger Ausländeramt gibt sich kompromissbereit

Student aus Aserbaidschan wird nicht abgeschoben, bis Exmatrikulation wegen Prüfungsangst gerichtlich geklärt ist


Die Stadt Erlangen ist in Gestalt von Martin Grawert, der im Ausländeramt für Studenten zuständig ist, über ihren Schatten gesprungen: Togrul G. wird nicht abgeschoben, bis die Zweite Kammer des Verwaltungsgerichts in Ansbach entschieden hat, ob die Friedrich-Alexander-Universität den Studenten aus Aserbaidschan zu einer erneuten Prüfung zulassen muss oder nicht.

Eine solche Lösung des Falles hatte Prof. Sefik Alp Bahadir dem Erlanger Ausländeramt schon im vergangenen Jahr vorgeschlagen, war aber auf taube Ohren gestoßen, wie er berichtet. Die Behörde beharrte auf der Ausreise des jungen Mannes.

„Togrul ist der Sohn eines Kollegen, mit dem ich in Baku zusammengearbeitet habe“, erläutert Bahadir. Er hat den 25-Jährigen in Erlangen ein wenig unter seine Fittiche genommen und fühlt sich nun für ihn verantwortlich.

Aufgrund einer Erkrankung, die amtsärztlich attestiert ist, leidet der Student der Wirtschaft und Soziologie an Panikattacken, die es ihm immer wieder einmal unmöglich machen, an einer schriftlichen Prüfung teilzunehmen. So erging es ihm auch im vergangenen Jahr: Weil er sich nicht in der Lage sah, eine abschließende Prüfung zu schreiben, gab er ein leeres Blatt ab. Von der Möglichkeit, noch zu diesem Zeitpunkt von der Prüfung zurückzutreten, wusste er nichts und machte daher auch keinen Gebrauch davon. Die Universität exmatrikulierte ihn daraufhin, was die Stadt veranlasste, ihn zur Ausreise aufzufordern, denn Togrul G.s Aufenthaltserlaubnis war an das Studium gekoppelt.

Der Student klagt nun gegen die Uni; er möchte die Möglichkeit bekommen, sein Studium ordnungsgemäß abzuschließen. Dieses Verfahren ist bei der Zweiten Kammer des Verwaltungsgerichts anhängig, aber noch nicht terminiert. Um zwischenzeitlich nicht ausreisen zu müssen, klagte G. auch gegen die Stadt auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis. Denn einfach nach Baku zu fliegen und dort den Ausgang des Gerichtsverfahrens abzuwarten, war ihm nicht möglich: Weil er keine Immatrikulationsbescheinigung mehr vorlegen kann, müsste er in seinem Heimatland seinen Wehrdienst ableisten. Seit der Exmatrikulation gilt er dort als fahnenflüchtig und würde bereits auf dem Flughafen festgenommen.

Wie Horst Bauer, der Vorsitzende Richter der Sechsten Kammer, erläuterte, musste er Togrul G.s Klage und seinen Eilantrag in dieser Sache aus formalen Gründen ablehnen. Seinem Vorschlag — G. zieht Klage und Antrag zurück, und die Stadt gewährt ihm im Gegenzug eine Duldung bis zur erstinstanzlichen Entscheidung des Verfahrens gegen die Uni — stimmten aber beide Parteien zu.

Sollte das Gericht dann gegen Torgul G. entscheiden, muss er ausreisen. „Dann kommt vernünftigerweise die Polizei aber nicht gleich am nächsten Tag“, gab Bauer dem Vertreter der Erlanger Verwaltung mit auf den Weg.

Christiane Benesch

Quelle: Erlanger Nachrichten

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